"Wo finde ich denn die Charlottenburg?". Der ehrliche Berliner wird Sie auf diese Frage hin nonchalant und nach Art des Hauses gekonnt ignorieren. Der ein oder andere Passant in Berlins westlichem Edelbezirk mag eine bessere Karte haben und Sie mit viel Glück nach Burg bei Magdeburg dirigieren, bekannt für seine exquisiten Charlotten. Das Highlight für all jene, die 230 km Fußweg an einem Nachmittag schaffen.
Als Berlin-Tourist dürfen Sie auch nach Charlottenburg mit der schönen Erwartung kommen, von der Stadt nach Strich und Faden enttäuscht zu werden. Natürlich gibt es weder in Charlottenburg noch in einem der zahlreichen anderen wohlgeformten Bezirke eine Burg. Freuen Sie sich stattdessen auf gut versteckte Gründerzeitvillen, verborgen hinter sechziger Jahre Bauten aus fröhlichem Asbestimitat. Zusammen mit charmant verschmitzten Fassaden aus der vorletzten Jahrhundertwende bilden sie in den schmalen Straßen eine stille Front, die zu hastigem Schritt einlädt.
Beobachten Sie gereifte Damen mittleren Alters beim Kaffeekränzchen im Bistro um die Ecke. Staunen Sie, wie es trotz Geriatrie und Alzheimer möglich ist, genug Freude aufzubringen mit der leidlich zusammengeflochtenen Getränkekarte die letzten Wespen des Sommers in Zeitlupe zur Strecke zu bringen. Mit viel Glück sind Sie live dabei, wenn nicht nur die fliegenden Plagegeister das zeitliche segnet. Das ist Spannung für Groß und Klein.
Wenn Totenstille auch tagsüber zu ihren Lieblingsgeräuschen gehört und Sie ein Faible für Gehhilfen und leere Grünflächen haben, dann ist Charlottenburg ein Quell der Freude für Ihren Urlaub. Alle anderen gehen etwa eine Stunde zu Fuß nach Osten. Sobald Sie auf Ihre Frage "Was kostet denn bei Ihnen der Latte Macchiato" des Lokals verwiesen werden, sind Sie wirklich in Berlin angekommen.
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