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Interview mit Robert Wurm vom Weingut Wurm

© Robert Wurm
© Robert Wurm

Robert Wurms ursprüngliches berufliches Zuhause war bis 2014 die Automobilindustrie. Er arbeitete für die Firmen Continental und Procter & Gamble als Manager. Bei seinen  Tätigkeiten kam er viel herum in der Welt. Unter anderem arbeitete er in Mexiko, China, Japan und in Südkorea. Besonders geprägt hat in die Zeit in Südkorea. Südkorea ist über die Jahre zu seiner zweiten Heimat geworden. Genauso wie in die Kultur des Landes hat er sich auch in die Küche des Landes verliebt. Ein gutes Kimchi darf bei Robert Wurm unter der Woche nicht fehlen. In Korea hat er auch seine Leidenschaft für die japanische Schwertkampfkunst Kendo entwickelt. Er hat jahrelang in dieser Disziplin trainiert und gehört als Träger des sechsten Dans von acht möglichen Dans, damit zur Elite dieser Kampfkunst in Europa. Über die Jahre ist in Robert Wurm der Gedanke gewachsen, dass er ein eigenes Weingut haben möchte. 2014 konnte er diesen schon lange gehegten Wunsch in die Realität umsetzen. Als sich für ihn die Möglichkeit ergab das traditionsreiche Lorcher Weingut Ottes im Rheingau zu übernehmen, schlug er direkt zu. Mit dem Launch der neuen Kollektion des Jahrgangs 2015, benannte er das Weingut um in Weingut Wurm und gab auch den Etiketten einen sehr schönen neuen Anstrich. Bei der Neuen Ausrichtung der Etiketten ließ er südkoreanische Elemente mit einfließen. Seine Weine aus den Lorcher Toplagen Kapellenberg, Schlossberg, Pfaffenwies, Krone und Bodental-Steinberg begeistern mit einer wunderbaren Melange aus Mineraliät, Frucht und Eleganz. In seinen Rebgärten dominiert vor allem der Riesling, aber auch Spätburgunder, Weißburgunder und Cabernet Sauvignon sind in seinem Portfolio zu finden. Auch der Fachpresse ist die Qualität der Weine von Robert Wurm nicht entgangen. Er wird in den Weinführern Gault Millau, Eichelmann mit positiven Erwähnungen geführt und gehört laut dem Feinschmecker zu Deutschlands 750 besten Weinbaubetrieben in Deutschland. Ich bin sehr gespannt wie sich das Weingut Wurm in den nächsten Jahren entwickeln wird. Wir sprechen mit Robert Wurm über seine Vergangenheit als Manager, seine Liebe zu Südkorea und natürlich über seine Weine.

 

 

Welche Erfahrungen in der Automobilindustrie haben bei Ihnen den Ausschlag gegeben, das berufliche Metier quasi um 180 Grad zu verändern?

Meine Erfahrungen in der Automobilindustrie haben eigentlich keine besondere Rolle gespielt, ich habe hier viele spannende Jahre verbracht und eine gute Zeit erlebt. Es ging also nicht darum von etwas wegzugehen also vielmehr zu etwas hinzugehen.

Den Traum vom eigenen Weingut hatte ich schon sehr lange. Ab 2005 habe ich einige Jahre in Frankfurt gelebt und natürlich die Nähe zum Rheingau genutzt, um tief in das Weinbau Gebiet einzutauchen.

In dieser Zeit habe ich mich auch in den Rheingau verliebt. Meine Leidenschaft gilt und galt schon immer dem Riesling und Spätburgunder.

Im Rheingau passt also für mich alles zusammen.

Knapp 10 Jahre später war es dann so weit: ich habe meinen Konzern-Chefsessel an den Nagel gehängt und meinen Lebenstraum vom eigenen Weingut verwirklicht. Das war 2014.

 

Wie fühlt es sich an Winzer zu sein und wie haben Sie sich das nötige Fachwissen über den Weinanbau und Weinausbau angeeignet?

Ich habe natürlich im Vorfeld viele Gespräche geführt und mich sehr intensiv vorbereitet. Aber das wichtigste war und ist: ich lerne täglich von meinem Umfeld, von Mitarbeitern und Kollegen dazu, aber natürlich auch learning by doing.  Gerade unter den Winzern hier gibt es ein sehr kollegiales Miteinander, das schätze ich sehr.

Ich glaube, es gibt nichts Faszinierenderes als zu sehen, wie aus einer Blüte ein so facettenreiches und komplexes Produkt wie Wein entsteht. Wein der seine Herkunft wiederspiegelt und die Geschichte des Jahrgangs erzählt. Es entsteht ein hoch emotionales Produkt, welches im besten Fall die Menschen bewegt und glücklich macht. Es gibt nichts Schöneres als, dass Leuchten in den Augen der Menschen zu sehen, die einen Wein zum ersten Mal verkosten.

Und: jedes Jahr ist anders. Keines meiner bisher 8 Jahre glich den Anderen. Das lehrt eine Menge Demut und Respekt. Tugenden, die auch bei meiner zweiten Leidenschaft, dem Kendo sehr wichtig sind.

 

Was macht die Lorcher Gemarkungen so besonders und was unterscheidet sie von den etwas bekannteren um die Ecke liegenden Rüdesheimer Lagen?

Ausschlaggebend war zunächst, dass ich hier Weine erzeugen kann, wie ich sie mir vorstelle: straff, mineralisch, elegant, eher lang als breit. Dafür sind natürlich das Terroir und das Mikroklima extrem wichtig. Diese Kombination aus unseren wasserdurchlässigen aber kargen Schiefer Böden, der perfekten Ausrichtung zur Sonne und den vielen Sonnenstunden finde ich hier schon ziemlich einzigartig. Keiner unserer Weinberge ist weit weg vom Rhein, man ist aber schnell mal 100 Höhenmeter oberhalb des Flusses. Unsere steilsten Lagen haben eine Hangneigung von über 60%.

Dazu kommt, dass das nahe Wispertal mit der Wispermündung in Lorch ebenfalls positiv wetterregulierend wirkt, so haben wir z.B. kaum (in meiner Zeit noch nie) Hagelschäden in Lorch

Nach fast 8 Jahren rückblickend kann ich noch dazu sagen: die Menschen hier sind einfach liebenswert. Wir wurden von Anfang an super aufgenommen und wie selbstverständlich integriert.

 

Durch ihre intensive Zeit in Südkorea konnten sie tief eintauchen in die kulinarische Welt des Landes. Was sind Ihre spannendsten Essenserfahrungen und welchen Wein würden Sie dazu reichen?

Die koreanische Küche ist unglaublich vielfältig und abwechslungsreich. Eine sehr große Rolle spielen natürlich fermentierte Produkte, am bekanntesten ist hier sicher Kimchi, dass auch in meinem Kühlschrank nie fehlen darf. Es wird sehr viel mit Chili und Knoblauch gearbeitet, eine gewisse Schärfe muss man also schon abkönnen. Eine typische Mahlzeit (egal ob Frühstück, Mittag oder Abendessen) besteht aus Reis, einer Suppe und Beilagen, z.B verschiedene Sorten Kimchi und anderes Gemüse, manchmal auch Fisch oder Fleisch. Das Allein bietet schon eine unglaubliche Geschmacks- und Aromenvielfalt.

Ein Highlight für mich ist in dünne Scheiben geschnittenes und gegrilltes Fleisch von Schwarzfußschweinen – ähnlich dem spanischen Iberico Schwein, die es auf der Insel Cheju-do im Süden gibt. Dazu trinke ich am liebsten einen unserer Lagen Rieslinge, am besten nicht mehr ganz jung, z.B unseren '2017 Lorcher Kapellenberg Riesling trocken', der es mit seiner subtilen Kraft gut mit dem sehr aromatischen Fleisch aufnehmen kann.

Ein absolutes Muss, das nie fehlen darf ist natürlich roher Fisch (ähnlich dem japanischen Sashimi), den es in Korea in sehr großer Vielfalt und unglaublicher Frische (also direkt aus dem Becken auf den Tisch) und Qualität gibt. Dazu kommt unserer vielleicht typischster Terroir Wein ins Glas, der 'Lorcher Riesling trocken+', sehr straff und mineralisch mit unter 4 Gramm Restzucker.

 

Ebenfalls in Südkorea lernten Sie die Schwertkampfkunst Kendo. Was hat Kendo sie gelehrt , was macht Kendo aus und wie begleitet es sie im Weinalltag?

Ich trainiere seit über 30 Jahren Kendo, das ist die moderne Variante der traditionellen Schwertkampfkunst und wird vor allem in Korea und Japan betrieben. Mein Lehrer - einer der besten Kendokas in Korea - unterrichtet mich seit über 30 Jahren und ich besuche ihn regelmäßig in Korea um von ihm zu lernen. Als Student hatte ich die Gelegenheit ein ganzes Jahr lang bei ihm in Seoul zu wohnen und zu trainieren und auch Koreanisch zu studieren. Seitdem ist Korea für mich zur zweiten Heimat geworden. Wenn ich am Flughafen in Seoul ankomme fühle, spreche und lebe ich koreanisch. Und zum Glück gibt es ja auch im Mittelrheintal enge Verbindungen nach Korea.

Wenngleich die auszuführenden Handgriffe im Weinalltag und im Kendo sehr unterschiedlich sind, gibt es doch in der zugrundeliegenden Philosophie viele Parallelen, Dinge die in meinen beiden Welten wichtig sind, z.B. Präzision, Hingabe, Geduld und natürlich Respekt.

Das drücken wir aus mit: Weingut Wurm. Zwei Welten. Eine Philosophie.

 

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